Wenn sich aus Gescheinen Trauben entwickeln
Juni, kurz vorm Höchststand der Sonne. Im Weinberg fallen die Hüllen. Genauer gesagt: Es sind die „Käppchen“. Und diese Käppchen, das sind die äußeren Blütenblätter der Rebblüten.
Uns bekannt sind die Blüten von Blumen. Da entfalten sich die äußeren Blütenblätter. Diese äußeren Blütenblätter nehmen dabei die unterschiedlichsten Farben an, und sie leuchten aus dem grünen Einerlei der Pflanzenmasse heraus.
Die Blüten der Reben, sie bleiben unscheinbar und klein. (Siehe Größenvergleich zur 1 Cent-Münze) Die umhüllenden, äußeren Blütenblätter lösen sich vom unteren Rande des Fruchtkörpers ab. Die 5 Staubblätter drücken sodann die 5 miteinander verwachsen bleibenden äußeren Blütenblätter nach oben bzw. nach vorne. So weit, bis diese endlich über dem Stempel des Beerchens wie ein Käppchen erscheinen; und irgendwann gänzlich abfallen.
Reben sind „Selbstbestäuber“. Bienen und anderes „Insektengekrabbel“ hat die Rebe nicht nötig.
Respekt, wer´s selber macht, ist man geneigt zu attestieren: Jippi ja ja, jppi jippi jäh!
Ein „Selbstläufer“, nein, das ist die Rebblüte gewiss nicht! Das Wetter ist entscheidend: Warm muss es sein, besonders in der Nacht! Und Nässephasen möglichst kurz. Dann klappt es mit der Befruchtung, ratz-fatz und hemmungslos: ohne Käppchen und auch selbst darunter.
Kühle Wetterphasen verringern die Bestäubungsrate markant! In der Folge werden unbefruchtete Beerchen abgestoßen. Es verbleiben sodann nur wenige Beerchen an den Trauben. Das Resultat: Ein geringer Ertrag im Herbst. So einfach ist die Rechnung; fast…….
Wollen wir es nicht beschreien! Die Hitzewelle wird anfangs kommender Woche allenfalls eine kleine Delle erfahren. Windschwache Nächte mit dem betörenden Duft der Rebblüte stehen bevor…. Einen starken aromatischen Duft sondern die einzelnen Rebblüchen nun nicht gerade ab. Es ist die schiere Masse der kleinen Blütchen, welche für den in der Luft liegenden anregenden Blütenduft sorgen.
Wie früher ist es! Früher, vor dem Mauerfall. Als der 17. Juni im Westen noch Tag der Einheit war. Da startete für gewöhnlich die Traubenblüte, und etliche „Traubenblütefeste“ nutzten den Feiertag als zusätzlichen Festtag. In den zurückliegenden Jahren bescherte uns der Klimawandel eine stets frühere Traubenblüte. So blühten die Reben in den allerersten Junitagen; selbst Ende Mai lag schon der Beginn der Blüte in Mitteleuropa ….
Nun ist 2021 alles wieder „normal“ geworden……
Die Befruchtung aktiviert eine Art „Hormonuhr“ in Trauben und Reben. Das bedeutet, die Rebe zählt die Tage und steuert die Stoffwechsel- u. Wachstumsprozesse in den Beerchen hiernach; relativ unabhängig von der Witterung. Frühreifende Rebsorten benötigen 90 Tage von der Blüte bis zur Reife. Bei spätreifenden Sorten sind es 100 Tage und mehr. Ein vollreifer Spätburgunder sollte idealerweise 120 Reife-Tage bekommen. So ist 2021 ein „Erntefenster“ von der 3. Septemberdekade bis Ende Oktober zu erwarten.
In der Adventszeit wird sich ggf. wieder über dieses Thema zu unterhalten sein; dann retrospektiv und wir nennen es: Menge und Güte. Selbst Besserwissern bietet sich in dieser Zeitspanne Gelegenheit zum „Erkenntnisgewinn“….
Mögen wir Winzer das ernten können, was gerade in den Weinbergen angesetzt hat.
Unumstößlich sollte gelten:
Es möchten sich bitte noch viele Gelegenheiten finden lassen, Wein und Schorleschoppen zu genießen.